1492, das Jahr der Entdeckung Amerikas, markiert den Beginn eines gesteigerten weltweiten Austauschs von Gütern. Auch Pflanzen werden seitdem verstärkt zwischen Kontinenten ausgetauscht – beabsichtigt oder unbeabsichtigt. Etablieren sie sich in neuen Gebieten, werden sie als Neophyten klassifiziert. Lesen Sie hier, was es mit diesen neuen Pflanzenarten auf sich hat:

 

Botaniker haben schon frühzeitig begonnen, die Einwanderung von Pflanzen zu dokumentieren. Daher ist ihre Ausbreitungsgeschichte zumeist gut bekannt.

Die Einwanderungs- und Ausbreitungsgeschichte der Neophyten ist eng verknüpft mit der menschlichen Ernährung, mit Handel und Forstwirtschaft, aber auch mit dem Bedürfnis nach Schönem und Neuem in der Park- und Gartenkultur. Viele gebietsfremde Pflanzen wurden anfänglich als Zier- und Nutzpflanzen eingeführt, in botanische oder private Gärten gepflanzt sowie auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen genutzt. Diese eingeführten Zier- und Nutzpflanzen bezeichnet man allerdings erst dann als Neophyten, wenn sie verwildern. Zier- und Nutzpflanzen, deren wild wachsende Vorkommen vorrangig an die Standorte alter Gartenkultur gebunden sind, werden als Stinsenpflanzen bzw. „Zeiger alter Gartenkultur“ bezeichnet. Sie konnten in der Nähe ihrer anfänglichen Gartenkultur unbeabsichtigt wild wachsend überdauern.

In Deutschland gibt es rund 1.000 Neophyten-Arten, die meisten davon sind jedoch unbeständig, denn: Viele Arten verwildern zwar kurzzeitig, werden aber durch Frost, Standortszerstörung oder Fraßfeinde an einer dauerhaften Ansiedlung gehindert. 383 Neophyten haben sich in Deutschland etabliert (Stand 2004). Das sind circa 11% aller in Deutschland heimischen Pflanzenarten.

Von allein breiten sich Neophyten kaum oder nur sehr langsam aus. Neophyten etablieren sich zumeist erst durch menschliches Zutun. Dazu zählen:
1. Die Kultivierung der Neophyten als Nutz- oder Zierpflanzen durch:
– den Anbau in der freien Landschaft (z. B. Robinie, Eschen-Ahorn, Sanddorn, Bocksdorn)
– den Anbau als Zierpflanze in Siedlungen; von hier aus breiten sich die Neophyten durch Gartenabfälle, Hochwasser und Vögel in der freien Landschaft aus (z. B. Schneebeere, Flieder, Staudenknöteriche, Riesen-Bärenklau)
– den Anbau als Kulturpflanze ( z. B. Topinambur)
– die frühere Nutzung als Forstbaum oder Futterpflanze ( z. B. Spätblühende Traubenkirsche, Lupine)
2. Die Verschleppung von Neophyten durch den Verkehr: Neophyten werden auf vielerlei Weise durch Mähmaschinen und Pkw verbreitet – an Rädern und Karosserieteilen oder durch von Lastern herunter fallendes Saatgut. Auch der Fahrtwind begünstigt die Ausbreitung der Neophyten.
3. Die konventionelle Landnutzung: Hierbei werden Pestizide und Kunstdünger angewendet, Grünland umgebrochen, nichtheimische Arten angebaut, Gewässer begradigt u.v.m. In solchen industriell genutzten Gebieten finden Neophyten, wie bspw. herbizidresistente Ackerunkräuter optimale Bedingungen, um sich stark zu vermehren.
4. Die Verbrachung – z.B. durch die fehlende Beweidung von Trockenrasen: Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wurden nahezu alle Flächen in der freien Landschaft genutzt, und dazu zählte auch deren Beweidung. Dadurch entstanden Biotope, wie Trockenrasen oder Feuchtwiesen, die aufgrund der vielen seltenen Arten, die sie beherbergten, schließlich unter Schutz gestellt wurden. Heute sind diese Landschaften jedoch nicht mehr effektiv landwirtschaftlich nutzbar, u.a. weil die Haltung von Schafen und Ziegen zu kostspielig ist. Aus diesen Gründen wachsen in vielen Schutzgebieten die ehemals wertvollen Wiesen und Weiden mit Stauden und Sträuchern zu – sie verbrachen oder verbuschen.  Neophyten finden hier optimale Bedingungen, um zu wachsen und zu gedeihen.

Mehr über invasive Neophyten erfahren Sie hier.

 

Literaturtipps

KOWARIK, I. (2010): Biologische Invasionen : Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. Ulmer, Stuttgart 492 S. >>

LUDWIG, M. (2010): Invasion: wie fremde Tiere und Pflanzen unsere Welt erobern. Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 189 S. >>

NENTWIG, W. (2010): Invasive Arten. Haupt, Bern [u.a.] 128 S. >>